»So intim und trotzdem so ein großer Bogen.«

Notizen über die Entstehung und das Verschwinden des Films Frauen in Berlin (DDR, 1982) von Chetna Vora

Veröffentlicht in: Leuchtkraft – Journal der DEFA-Stiftung, No. 6/2024

Ich habe den folgenden Text geschrieben, um zusammenzufassen, was ich im Verlauf mehrerer Jahre über Frauen in Berlin (1982), den Diplomfilm von Chetna Vora an der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« (heute Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF), in Erfahrung bringen konnte. Meine Kenntnis der Zusammenhänge rund um diesen Film verdanke ich zu einem großen Teil Gesprächen mit Lars Barthel, der ebenfalls in Babelsberg studiert hat und bis zu ihrem frühen Tod, 1987, Chetna Voras Lebenspartner war; mit Anita Vandenherz, die mit Chetna befreundet und eine enge Mitarbeiterin bei den Dreharbeiten zu Frauen in Berlin war; und mit Neelesha Barthel, der Tochter von Lars und Chetna, selbst Babelsberg-Absolventin und Filmemacherin. Auch mit dem Kameramann des Films, Thomas Plenert, konnte ich einmal sprechen, aber viele Fragen, die ich ihm gerne noch gestellt hätte, blieben unbeantwortet, als Thomas im Juli 2023 unerwartet verstarb.

Ich danke diesen Menschen für die Offenheit und das Vertrauen, das sie mir entgegengebracht haben. Soweit ich es für legitim hielt, habe ich versucht, aus ihren Aussagen eine kohärente Darstellung zu rekonstruieren, wobei ich die Tatsache, dass sich ihre Erinnerungen und Interpretationen unterscheiden und bisweilen widersprechen, als notwendiges und wichtiges Element der Geschichte respektieren wollte. Bis heute sind mir nur sehr wenige schriftliche Dokumente zu Gesicht gekommen, die sich direkt auf Frauen in Berlin beziehen, und ich erwähne diese alle in diesem Text. Eines davon war für mich eine besonders wichtige Informationsquelle: die unveröffentlichte Abschrift eines Gesprächs zwischen Tamara Trampe und Christiane Mückenberger, das 1993 stattfand und ausdrücklich als Erinnerungsprotokoll der Geschehnisse um Frauen in Berlin geführt wurde. Mir war klar, dass mein eigener Versuch, weitere dreißig Jahre später aus diesen unterschiedlichen Zeugnissen ein Gesamtbild zu entwerfen, kein abschließendes Ergebnis erbringen konnte. Was folgt, ist also »nach bestem Wissen und Gewissen« geschrieben.

Chetna Vora kam 1975 mit einem Stipendium der Marxistisch-Kommunistischen Partei Indiens in die DDR. Ihr Vater, Batuk Vora, war seit den 1950er-Jahren ein populärer Abgeordneter der Partei in der Regionalregierung von Gujarat gewesen. Chetna Vora nahm am »Ausländerstudium«-Programm der DDR teil, was bedeutete, dass sie zunächst einen obligatorischen einjährigen Deutschkurs am Herder-Institut in Leipzig absolvierte. Ursprünglich war sie gekommen, um Buchdruck zu studieren. Nach einem Praktikum bei einer Druckerei in Weimar ging sie nach Berlin, um ein zweites Praktikum beim »Neuen Deutschland« zu absolvieren. In Berlin begann sie jedoch, ihren Traum, Filmschauspielerin zu werden, zu verfolgen. Sie erfuhr, dass man an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg Schauspiel studieren könne. Lars Barthel erzählte mir, dass Chetna wohl kurzerhand hingefahren sei und sich beim Pförtner der Schule erkundigt habe, wo sie sich für ein Schauspielstudium anmelden könne. Ihr wurde mitgeteilt, dass Schauspiel an der Schule nicht mehr unterrichtet werde. Was man denn sonst dort studieren könne, habe sie gefragt und sich schließlich für ein Filmregie-Studium beworben. Sie wurde angenommen.

Nachdem sie in ihren ersten drei Studienjahren mindestens zwei Kurzfilme gedreht hatte, begann Chetna Vora 1979 mit ihrem sogenannten Hauptprüfungsfilm, Oyoyoi. Der Film wurde in einem Studentenwohnheim unter ausländischen Studierenden an der Hochschule für Wirtschaft in Berlin-Karlshorst gedreht, zum großen Teil im Stil einer teilnehmenden Beobachtung. Oyoyo ist ein erfrischend informelles Dokument des Wohnheimlebens und erzählt von den sozialen Hintergründen der Studierenden, ihren Gründen und Motivationen für ein Studium in der DDR, ihren Ängsten und Hoffnungen. Ein wichtiges Element des Films sind ihre Lieder, darunter das titelgebende Widerstandslied aus Guinea-Bissau. Zwar spiegeln sich in den Gesprächen die größeren politischen Konstellationen, die ein Studium in der DDR möglich machten, es werden jedoch keine Konzessionen an die ideologischen Gewissheiten gemacht, die man von einem DEFA-Dokumentarfilm oder einer Fernsehreportage zum Thema »Ausländerstudium« womöglich erwartet hätte. Oyoyo ist ein unbelastetes und einfühlsames Porträt eines kollektiv gelebten Exils und sollte zur Entstehungszeit offensichtlich zu Debatten anregen. Dass der Film dies auch heute noch leistet, ist ein Beweis für Chetna Voras Erfolg, aber auch ein Hinweis auf die noch immer latente Herausforderung, dem komplexen Erbe des »Internationalismus« in der DDR in der Post-Wende-Geschichtsschreibung gerecht zu werden. Die widerspenstige Kraft dieses Films mag jedoch gerade darin liegen, dass er sich auch für ein solches Vorhaben nicht so einfach vereinnahmen lässt.ii

Frauen in Berlin (1981/82)

Chetna Voras nächstes Filmprojekt, Frauen in Berliniii, wurde einem verstörenden Akt institutioneller Gewalt unterworfen, als die Filmschule nach der internen Vorführung eines 140-minütigen Rohschnitts eine drastische Kürzung verlangte und – als die Regisseurin dies ablehnte – die Arbeitskopie und das Rohmaterial beschlagnahmte. Lange meinte ich, annehmen zu können, dass die Filmschule Frauen in Berlin letztlich zerstört habe, denn dies war die allgemeine Annahme derjenigen, mit denen ich über den Film sprechen konnte. Es besteht kein Zweifel daran, dass Chetna Vora durch eine Intervention der Schule daran gehindert wurde, Frauen in Berlin fertigzustellen, dass das gesamte Filmmaterial beschlagnahmt wurde und dass es nicht (mehr) da ist; aber es gibt keinen Beweis dafür, dass es tatsächlich zerstört wurde. Das ist alles, was ich vorläufig mit Sicherheit sagen kann.iv

Zweifel oder zumindest Gründe für Zweifel an der tatsächlichen Vernichtung des Filmmaterials von Frauen in Berlin kamen mir erstmals im Mai 2023 bei einem Gespräch mit Anita Vandenherz. Mehrfach erinnerte mich dieses Gespräch an eine einfache Forscher-Maxime: Dass etwas nicht dort ist, wo man es sucht, bedeutet nicht, dass jemand es zerstört hat.

Entstehung des Films

Für ihren Abschlussfilm wollte Chetna Vora lange Gespräche mit in Ostberlin lebenden Frauen führen. Die meisten dieser Frauen wurden offenbar von Anita Vandenherz kontaktiert, die von der Filmhochschule als Regieassistentin und Drehbuchautorinv für Frauen in Berlin unter Vertrag genommen wurde. Seit Anfang der 1970er-Jahre arbeitete sie als freie Mitarbeiterin für die DEFA und war dabei oft für die Vorrecherchen zu Dokumentarfilmen verantwortlich. So bekam sie Einblicke in verschiedene gesellschaftliche Bereiche und Zugang zu unterschiedlichen Produktionsstätten und Arbeitskontexten. Anita Vandenherz brachte auch Erfahrungen mit aus der Theaterszene der DDR mit, sodass schließlich mehrere der für Frauen in Berlin interviewten Frauen in verschiedenen Funktionen im Theater tätig waren. Anita erzählte mir, dass Chetnas Idee nicht war, einen Film über ihren Freundeskreis zu machen, sondern dass sie mit Frauen sprechen wollte, die sie durch die Gespräche erst kennenlernen würde.

Die jüngste Gesprächspartnerin im Film ist ein 11- oder 12-jähriges Mädchen, die älteste die 83-jährige Elsa Frölich, die wohl einzige öffentliche Person unter diesen Frauen, eine kommunistische Widerstandskämpferin während der NS-Zeit, die in Anwesenheit ihrer Tochter interviewt wird. Bis auf zwei Ausnahmen wurden alle Interviews in Wohnungen, vermutlich in denen der jeweiligen Interviewpartnerinnen gedreht. Manchmal steht die interviewte Frau vor einem Fenster, sodass die Kamera einen Blick auf eine Stadtlandschaft oder einen Innenhof hinter ihr freigibt. Zwei Szenen wurden auf einem Balkon gedreht. Anita erinnert sich, dass neben den Frauen, manchmal ihren Kindern und selten ihren männlichen Lebenspartnern, meist drei Personen am Set waren: Chetna Vora, Thomas Plenert und sie selbst. Um die Aufnahme des Tons hätten sich abwechselnd sie und Chetna gekümmert.

Die Beschlagnahmung

Nachdem Chetna Vora den Film mit Petra Heymann geschnitten hatte, musste sie ihn bei einer Vorführung in der Schule präsentieren. Es war wahrscheinlich das einzige Mal, dass Frauen in Berlin in der von Chetna beabsichtigten Länge und Form von einem Publikum gesehen wurde. Von dieser Vorführung gibt es einen Augenzeugenbericht von Christiane Mückenberger, die Chetna Voras Professorin für Filmgeschichte in Babelsberg war. 1993 wurde sie von der Filmemacherin Tamara Trampe im Rahmen eines Forschungsprojekts interviewt, das Trampe während der Auflösung der DDR-Filminstitutionen in den frühen 1990er-Jahren begonnen hatte. Trampes allgemeine Absicht war, Erinnerungsprotokolle von Frauen ihrer Generation zu sammeln, die im DDR-Filmwesen gearbeitet hatten. Und die konkrete Motivation für ihr Gespräch mit Christiane Mückenberger war, »etwas über die Ereignisse rund um Chetna Voras Film Frauen in Berlin« zu erfahren.vi

Zu den Abnahmen oder Voransichten ihrer Filme haben sich die Studenten immer jemanden ausgesucht, den sie eingeladen haben, ihre Lobby. [Chetna] fragte mich, ob ich kommen würde, sie habe ihren Film vorzustellen. Und ich sagte, na selbstverständlich, und sie sagte: »Er ist etwas länger geworden als ich durfte.« Sagte ich, na du meine Güte, wenn er gut ist, wird man doch ein Einsehen haben. Ich ging also in diesen Raum, ich weiß noch, wo ich gesessen habe. Ich hab das optisch noch so genau in Erinnerung und hatte mir nichts Böses dabei gedacht.

Bevor es losging, kam der Fachrichtungsleiter Regie rein, Karl-Heinz Bohm, und sagte: »Hier drin sitzt ein Student, der gar keinen Ausweis mehr für unsere Hochschule hat.« Und das war der einzige Beitrag, den [Bohm] geleistet hat. Alles schreckte auf und es erhob sich einer, es war Hans Wintgen,vii der bei der Hochschulleitung nicht beliebt war, und er sagte: »Ja das stimmt.« Er war schon in der Examensklasse. »Meiner ist abgelaufen.« Da war die Stimmung schon klar, denn Bohm wusste, da sitzen Leute drin, die er eigentlich nicht mochte, die er hasste. Aber das Entscheidende war, dieser Fachrichtungsleiter hat den Film gar nicht mit geguckt. Er ging raus.

Ich sah einen faszinierenden Film. Ich weiß gar nicht, wie lang er war, ich hatte nur den Eindruck, er war zu kurz, weil ich bis heute einige Einstellungen wie die einer schwarzhaarigen Frau in einem Fenster sehen kann, oder eine alte Frau vor einer Mauer. Ich weiß nicht, wie lange das nun her ist, zehn Jahre? Der Film hat mich so beeindruckt, weil dieses Bild, das eine ausländische Frau von außen, wie es schien, über unser Leben gemacht hat, ich in noch keinem professionellen Film jemals gesehen hatte. Das war so ein Bild von unten, es war nicht draufgeguckt, sondern es war so plastisch, es war so umfassend und trotzdem so detailgenau. Es war so intim und trotzdem so ein großer Bogen.viii

Auch Lars Barthel und Anita Vandenherz erinnern sich an diese Vorführung. Ihre Erinnerungen unterscheiden sich hinsichtlich des genauen Ortes, an dem sie stattfand (auf oder außerhalb des Campus-Geländes?), doch beide bestätigen, dass der Film alle Anwesenden verblüffte, dass Chetna Vora viel positive Anerkennung von den Kommilitoninnen und Kommillitonen erhielt und dass es danach Spannungen im Raum gab. Sicher ist, dass die Schulleitung von Chetna verlangte, den Film drastisch zu kürzen, und dass Chetna sich weigerte. Aber sie wusste, dass sie sich in diesem Konflikt mit der Schule nicht durchsetzen konnte und dass sie den Film in der Form, die er hatte, stehlen musste, um ihn zu retten

Man hat [...] folgenden Umstand gewusst: Der Vorwand war, der Film sei zu lang. [Chetna] hatte die Vorgabe, eine halbe Stunde daraus zu machen. Unter diesem Vorwand haben sich die beiden Dozenten Manfred Hildebrandt [Dozent für Kamera] und Armin Hagen-Liersch [Chef der Abteilung Produktion] den Film noch einmal angeguckt mit der Maßgabe, wir wollen der Chetna doch mal helfen, eine ansehbare Kopie zu machen, die wir vielleicht auch im Fernsehen zeigen können. Denn damals war diese Pression [Druck] schon, fernsehvorführbare Filme zu machen, auch in der Länge. Chetna hatte die Aufgabe, den Film diesen beiden Herren noch mal vorzuführen.

Sie hatte ihre große Jutetasche bei sich und die Schnittmeisterin brachte immer jeweils die Filmrollen, [Chetna] zeigte sie und ließ dann immer die Rollen in ihrem Jutesack verschwinden und tat in die Filmbüchsen etwas anderes rein. Und die Schnittmeisterin hat das immer brav, preußisch ordentlich in ihrem Schrank verschlossen, während Chetna eine Rolle nach der anderen in ihrem Säckchen drin hatte und damit von hinnen gewandert ist. Was sie sich gedacht hat, wie sie das vertuschen wollte, weiß ich nicht. Die Rechtslage war ungeklärt, denn eigentlich hatten die ausländischen Studenten das Recht, ihre Examensarbeiten mitzunehmen, denn sie mussten sie ja im eigenen Land vorführen. Bei ihr, da der Film nicht abgenommen war, konnte die Schule sagen, das durfte sie gar nicht. Sie aber wusste genau, sie muss diesen Film retten und hat es eben auf diese Weise getan.

Es war kurz vor Weihnachten, und sie hat offenbar nicht geglaubt, dass sich Hildebrandt und Liersch gleich dransetzen würden. Vielleicht wollte sie eine Kopie ziehen lassen und das dann wieder in Ordnung bringen. Aber die beiden konnten es kaum erwarten und haben sich zwischen Weihnachten und Neujahr das Zeug rausholen lassen, so kenne ich die Version, und waren sehr verblüfft, dass ihnen da plötzlich Schwarzfilm vorgeführt wurde. Bei der ersten Rolle – na ja, ein Versehen vielleicht, aber dann merkten sie, was los war. Und dann ging die Bombe los und das, was typisch für die Schule war: Es setzte sich niemand mit Chetna in Verbindung. Nein, es wurde sofort zum Kadi gegangen, es wurde angezeigt. Das ist das, was mich so rasend empört hat, weil diese Herrschaften, diese verlogenen, so taten, als ob sie da einen rechtlichen Vorgang beförderten, dabei war das eine Unrechtstat ersten Ranges.ix

Während der Diebstahl sehr schnell entdeckt wurde und Chetna die Filmrollen an die Schule zurückgeben musste, gelang es ihr, ihre Version des Films zu kopieren. Anita Vandenherz kann sich noch ziemlich genau daran erinnern, wie es dazu kam. Anwesend waren wahrscheinlich sie, Chetna, Lars Barthel und Thomas Plenert. Sie projizierten den Film auf eine weiße Wand oder ein Laken und filmten ihn mit einer VHS-Kamera ab. Während ein 16mm-Projektor nicht so schwer zu bekommen war, war eine VHS-Kamera damals eine Rarität. Lars Barthel erinnert sich, dass beide Geräte von einem Freund zur Verfügung gestellt wurden, der als Techniker an der Volksbühne gearbeitet hatte.x

Das gegen Chetna Vora eingeleitete Strafverfahren wegen Diebstahls von »öffentlichem Eigentum« wurde eingestellt, als der Staatsanwalt erkannte, dass die Affäre dem Ruf der Schule schaden könnte, wenn sie in einem Gerichtsverfahren öffentlich würde. Am Ende wurde niemand angeklagt, aber das beschlagnahmte Filmmaterial tauchte auch nie wieder auf. Was von dem Film blieb, ist das von Lars Barthel gesicherte und später in eine digitale Datei umgewandelte VHS-Band. In dieser Form wurde Frauen in Berlin meines Wissens erstmals im Mai 2015 im Filmmuseum Potsdam in einem von Claus Löser organisierten Programm öffentlich gezeigt. Seitdem wurde der Film 2018 im Zeughauskino in Berlin und auf dem Remake Women’s Film Festival in Frankfurt, im August 2022 auf der documenta fifteen, im Juni 2023 beim Hamburger Kurzfilmfestival sowie im Juli 2023 im Kino »Arsenal«, Berlin, im Rahmen von »Film Undone. Elements of a Latent Cinema« gezeigt. Im März 2024 organisierte die Kuratorin Nida Ghouse eine Vorführung des Films auf einem vom »Satyajit Ray Film & Television Institute« veranstalteten Filmarchiv-Kolloquium in Kalkutta.

Eine der ungelösten Fragen im Zusammenhang mit Frauen in Berlin ist, warum die Schule eine so ablehnende Haltung gegenüber dem Film einnahm. Während nichts, was in diesen 140 Minuten gesagt wird, offen rebellisch ist, berührt vieles davon Themen, die für DDR-Filmemacherinnen und Filmemacher als heikel galten, wie Hierarchien am Arbeitsplatz, Inkompetenz von Vorgesetzten, sexualisierte Gewalt, Depressionen und die notorische Tatsache, dass das reale Leben all die fortschrittlichen Versprechen, die der sozialistische Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern machte, nicht erfüllte. Viele der Frauen in diesem Film zeigen sich desillusioniert über das Potenzial der Gesellschaft, allen ihren Mitgliedern ein glückliches und sinnvolles Leben zu ermöglichen. Keine von ihnen macht daraus jedoch eine ausdrückliche politische Aussage. Sie sprechen aus unterschiedlichen Perspektiven, Haltungen und Erfahrungen, und ihre persönlichen Schilderungen ergeben keine eindeutige Schlussfolgerung.

Gerade das Fehlen einer klaren ideologischen Agenda mag den Film für Prüfung und Zensur verdächtig gemacht haben. Die Tatsache, dass fast alle Gespräche in den Wohnungen der Frauen stattfinden, trägt zu einem Gefühl der Integrität bei, das die private Sphäre autonom und souverän erscheinen lässt. Eine Beobachtung, die Anne Barnert zu den Filmen von Hans Wintgen macht (siehe Endnote 7), ist auch für Frauen in Berlin zutreffend: »Die private Sphäre begann während der 1970er-Jahre zu einem von Staat und Partei misstrauisch beobachteten und sorgfältig überwachten Bereich der DDR-Gesellschaft zu werden.« Die »Original-Ton-Aussage« ins Zentrum eines Films zu stellen, um die Protagonisten ein »selbstbestimmtes ›eigenes sprachliches Bild‹ hervorbringen« zu lassen, wie Barnert es für Wintgens Filme beschreibt,xi war ein dokumentarischer Ansatz, der in direkter Opposition zum Kontrollbedürfnis und der Autorität eines »Beobachters« stand. In ähnlicher Weise war womöglich Chetna Voras gewährende Interviewpraxis – »nicht als eine, die ausfragt, sondern die man ins Vertrauen zieht«xii – eine Provokation für jeden, der bei einer studentischen Arbeit Ungehorsam befürchtete.

Ein 23-minütiger Film mit dem Titel Ansichten, Ansprüche: Frauen über sich selbst

Ich kenne keine eindeutigen Dokumente oder Berichte aus erster Hand über die Gründe, warum die Verantwortlichen an der Filmhochschule Frauen in Berlin in der Form, wie Chetna Vora ihn vorgelegt hat, ablehnten. In seinem zweiseitigen Gutachten zu Frauen in Berlin (siehe Endnote 12), räumt Ulrich Weiß ein, dass ihm »kein anderer Dokumentarfilm der DDR bekannt [ist], der Emanzipation so umfassend begriffen hat (nicht reduziert auf materielle und soziale Unabhängigkeit)«. Er bescheinigt Chetna Vora »außergewöhnliche künstlerische Fähigkeiten« und bewertet den Film als »ausgezeichnet«. Am Ende der Seite fügt Weiß hinzu: »Ich wünsche Chetna Vora Glück.«xiii

Wie lässt sich die Lücke erklären zwischen diesem klugen, sympathisierenden Gutachten und der Art und Weise, wie Frauen in Berlin von der Filmhochschule offiziell behandelt wurde? In Ermangelung schriftlicher Belege, warum die Schule so handelte, wie sie handelte (und wer für diese Handlungen verantwortlich war), könnte ein 23-minütiger Film mit dem Titel Ansichten, Ansprüche: Frauen über sich selbst als Anhaltspunkt für einige Vermutungen dienen. Der Film existiert als 16mm-Positivkopie im Archiv der heutigen Filmuniversität Babelsberg. Er besteht aus Ausschnitten aus dem Originalmaterial von Frauen in Berlin, einer Quelle, die darin ebenso unbenannt bleibt wie Chetna Vora als Urheberin. De facto wird niemand persönlich genannt. Das Stück beginnt mit dem genannten Titel und endet einfach mit: »Ausschnitte aus einer studentischen Arbeit der Hochschule für Film und Fernsehen«, gefolgt von einem Copyright für das DDR-Fernsehen und der Jahreszahl 1983.xiv

Anita Vandenherz geht davon aus, dass Ansichten, Ansprüche … in den Fernsehstudios der DDR in Adlershof geschnitten wurde. Sie erinnert sich, dass sie 1983 gebeten wurde, den Redakteuren dort bei der Erstellung einer Fernsehfassung von Frauen in Berlin zu helfen, was sie aus Respekt vor Chetna, die das Land bereits verlassen hatte, ablehnte. Als sie diese Erinnerung mit mir teilte, stellte Anita Vandenherz meine Annahme infrage, das ursprüngliche Filmmaterial von Frauen in Berlin sei zerstört worden. Sie hatte den Eindruck, eine Absicht hinter der Fernsehfassung sei gewesen, aus Chetna Voras Material »wenigstens etwas zu machen«, denn der Wert der Gespräche mit den Frauen sei von einigen Verantwortlichen durchaus erkannt worden. Anita Vandenherz vermutet daher, dass das Material bis 1989 im Fernseharchiv in Adlershof gelagert gewesen sein könnte. Sollte diese Vermutung zutreffen, würde sich der Fluchtpunkt des Verschwindens (und die Frage nach der Verantwortung) auf einen Zeitpunkt nach dem Zusammenbruch der DDR verschieben.

Ich wusste zwar von der Existenz einer »Kurz-« oder »Hochschul-Fassung« von Frauen in Berlin, aber erst als ich diese im Frühjahr 2023 endlich sah, wurde mir bewusst, was diese »Fassung« eigentlich war, und dass sie Merkmale und redaktionelle Entscheidungen aufweist, die uns Hinweise geben können, was in den Augen einiger (aber wessen Augen?) an Frauen in Berlin »falsch« war, abgesehen von seiner Länge.

Zunächst einmal hat der neue Titel etwas Abwertendes an sich. »Ansichten« und »Ansprüche« sind an sich keine negativen Begriffe, aber in Kombination bekommen sie eine despektierliche Tendenz. Diese wird durch den zweiten Teil verstärkt: Auch »Frauen über sich selbst« könnte einen neutralen Sinn haben, summiert den Titel aber eher zu der herablassenden Annahme, dass »wir in diesem Film Frauen sehen, die nur über sich selbst und ihre (überzogenen) Ansprüche sprechen«. Als Ersatz für den ursprünglichen Titel »Frauen in Berlin«, der viel Raum lässt sowohl für das, was diese Frauen sagen, als auch für das, was man daraus macht, erscheint mir der neue Titel wie eine Disziplinarmaßnahme.

Nur vier der ursprünglich vierzehn interviewten Frauen erscheinen in der 23-minütigen Neubearbeitung. Während in Chetna Voras Version alle Protagonistinnen anonym bleiben (mit Ausnahme von Elsa Frölich, die sich selbst vor der Kamera identifiziert), werden diese vier nun durch Bildtexte identifiziert, die Vornamen und Initialen sowie knappe Sätze wie »Witwe, Mutter von drei erwachsenen Kindern« oder »wiederverheiratet, Mutter von vier Kindern« enthalten. In den Gesprächen, die wir mit ihnen in Frauen in Berlin sehen, machen diese vier Frauen deutlich, dass sie es für einen Vorzug halten, allein zu leben und unabhängig zu sein, anstatt mit Männern zusammenzuleben, die herablassend, unverantwortlich und emotional labil sind. In der »Kurzfassung« jedoch lassen ihre Äußerungen eine feste heterosexuelle Beziehung in Verbindung mit einem erfolgreichen Berufsleben als Ideal erscheinen. Es wurden Zwischentitel eingefügt, um die immensen Lücken zu schließen, die in den Erzählungen dieser Frauen nun klaffen. So sieht das, was ein unansehnlicher Torso hätte bleiben können, nun aus wie ein sauber produzierter, sendefertiger Fernsehkurzfilm. Die »Kurzfassung« enthält sogar zwei Szenen, die nicht in Chetna Voras Schnitt enthalten sind – Beleg dafür, dass der- oder diejenige, der oder die dieses Stück 1983 geschnitten hat, noch Zugang zu den Original-Rushesxv hatte und nicht nur zu der beschlagnahmten 16mm-Kopie von Chetna Voras Schnittfassung.

Ein Hinweis auf die Brille, durch die das Material gesehen wurde, könnte die Tatsache sein, dass in dieser Fassung eine der sehr seltenen »politischen« Äußerungen des Originalfilms zum Schlussstatement wird, indem sie aus ihrem Zusammenhang gerissen wird. Eine der Frauen – jetzt »Renate H.« – fasst ihre Überlegungen zu »persönlichen Wünschen« mit den Worten zusammen, dass sie am meisten danach strebe, sich »für die Gesellschaft nützlich zu machen«. Aus dem Originalgespräch wissen wir jedoch, dass diese Aussage am Ende eines ausführlichen Berichts über eine erfolgreiche Karriere steht, die sich diese Frau gegen häufige Demütigungen durch männliche Vorgesetzte erkämpft hat. Vor diesem Hintergrund ist die »Verkürzung« in der 23-minütigen Sendung als eine weitere Disziplinierungsmaßnahme gegen eine Frau zu sehen, die sich in ihrem Leben erfolgreich gegen eine solche Bevormundung gewehrt hat.

»Programmänderung«

Wurde Ansichten, Ansprüche … ausgestrahlt? Ich hatte schon vor längerer Zeit beim Deutschen Rundfunkarchiv (DRA) in Potsdam nachgefragt, ob der Filmtitel Frauen in Berlin oder der Name »Chetna Vora« in der Datenbank auftauchen, aber das war nicht der Fall. Der Fernsehlook des 23-Minuten-Schnitts und der neue Titel motivierten einen erneuten Versuch herauszufinden, ob der Film tatsächlich ausgestrahlt wurde. Auch für Ansichten, Ansprüche: Frauen über sich selbst wurde in der DRA-Archivdatenbank zunächst kein Eintrag gefunden. Eine Volltextsuche der Archivarin Martina Seidel in allen Ausgaben der wöchentlichen Fernsehzeitschrift der DDR, »FF Dabei«, brachte aber schließlich die Entdeckung, dass der Film tatsächlich am 13. September 1983 um 22:50 Uhr auf dem Programm stand. Der Kalender für diesen Tag kündigte ihn als »Beitrag der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR« an. Doch dann fand Frau Seidel noch ein internes Protokoll, das eine »Programmänderung« für den Sendeplatz um 22:50 Uhr bestätigte. Aus dem Dokument geht hervor, dass Ansichten, Ansprüche … kurzfristig durch einen anderen Studentenfilm der Babelsberger Schule ersetzt wurde, Thai und Than Huong, das Porträt einer vietnamesischen Kardiologin, die in der DDR arbeitet. Dieser Film kann im Deutschen Rundfunkarchiv gesichtet werden und ist auch an der HFF archiviert. In der Datenbank der Hochschule wird als Regisseur und Szenograf von Thai und Than Huong Manfred Hildebrandt genannt, also der Kameradozent, den Christiane Mückenberger im obigen Zitat als einen derjenigen identifizierte, die in die Eskalation um Frauen in Berlin involviert waren. Nach Recherchen zu dieser etwas irritierenden Pointe bin ich vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass Thai und Than Huong vermutlich der Abschlussfilm des Kamerastudenten Nguyen Van Nhiem war und Manfred Hildebrandt dessen Betreuer.

Im Text erwähnte Filme:

Oyoyo | Regie: Chetna Vora, Kamera: Lars Barthel, DDR, 1980

Johanna Just | Regie: Hans Wintgen, Kamera: Peter Badel, DDR, 1980

Frauen in Berlin | Regie: Chetna Vora, Kamera: Thomas Plenert, DDR, 1982

Ansichten, Ansprüche: Frauen über sich selbst | DDR, 1983

Thai und Than Huong | Kamera: Nguyen Van Nhiem, DDR, 1983

Gespräche in einer strahlentherapeutischen Klinik | Regie: Hans Wintgen, Kamera: Jürgen Rudow, DDR, 1985

Der rote Milan | Regie: Hans Wintgen, Kamera: Klaus Freymuth, DDR, 1991

Anmerkungen:

i Oyoyo, DDR 1980, 47 min, Regie: Chetna Vora, Kamera: Lars Barthel. – Dieser Film existiert in zwei Fassungen, eine ist 47 Minuten, die andere 65 Minuten lang. Eine 16mm-Kopie der kürzeren Fassung befindet sich im Besitz der Filmuniversität Babelsberg; eine 16mm-Kopie der längeren Fassung wurde von Lars Barthel privat aufbewahrt und ist inzwischen ebenfalls in Babelsberg archiviert. In der 65-Minuten-Fassung dauern einige Gespräche länger als in der kürzeren Fassung, aber Lars Barthel kann sich an keinen Konflikt mit der Schule erinnern, der darauf hindeuten würde, dass die kürzere Fassung ohne Chetnas Zustimmung geschnitten wurde. Die Kopie der längeren Fassung könnte die Arbeitskopie gewesen sein, die ausländische HFF-Absolventinnen oder Absolventen behalten durften.

ii Seit Oyoyo bei einer Vorführung im Berliner Zeughauskino im März 2019 in gewisser Weise »wieder aufgetaucht« ist, wurde er (auch von mir) meist in einem »postkolonialen« Rahmen kontextualisiert oder in Debatten über Deutschlands Versagen, die Vorzüge der Migration anzuerkennen, von der es fortwährend profitiert hat – im Osten wie im Westen. Vielleicht ist es aber an der Zeit, die Tatsache ernster zu nehmen, dass Oyoyo eher einen imaginären Raum erschafft, als dass er versucht, einen bestehenden zu dokumentieren oder ihm gerecht zu werden. Bis auf die allerdings prägnante Tatsache, dass die gemeinsame Sprache innerhalb dieser internationalen Studierendengemeinschaft Deutsch ist, gibt der Film kaum Hinweise auf den Ort seiner Entstehung. Jedenfalls scheint es weder der Regisseurin noch den Befragten darum zu gehen, über ihr Verhältnis zur DDR oder ihre Rolle als »Ausländer« zu sprechen. Der Film macht ganz im Gegenteil eine diasporische Perspektive auf, die den Identitätskonflikten der Mehrheitsgesellschaft kaum eine Rechenschaft schuldig ist.

iiiFrauen in Berlin, DDR 1982, 140 min – Der Film hatte mindestens zwei weitere Arbeitstitel: »Paternoster« (nach Auskunft von Anita Vandenherz), was die symbolische Bedeutung der beiden sehr langen Einstellungen auf einen solchen türlosen Fahrstuhl am Anfang und etwa in der Mitte des Films unterstreicht; und »Schattenbilder«tatsächlich erscheint zu Beginn der als VHS-Kopie erhaltenen 140-minütigen Fassung dieser Titel mit Schreibmaschine und in Großbuchstaben geschrieben. Der Titel Frauen in Berlin kommt im Film nicht vor, hat sich aber als der Titel durchgesetzt, für den sich Chetna Vora nach Auskunft der Zeitzeug*innen letztlich entschieden hatte.

iv In einer frühen Phase unserer Gespräche hatte mich Lars Barthel einmal darauf hingewiesen, dass es kein »Vernichtungsprotokoll« fürFrauen in Berlin gebe. Die Zerstörung eines Studentenfilms scheint eine extreme, aber keineswegs unbekannte Disziplinarmaßnahme an der Babelsberger Filmhochschule gewesen zu sein.

v Ein Drehbuch war nach Anita Vandenherz’ Auskunft auch für einen Dokumentarfilm eine formale Vorgabe der Hochschule. Sie habe sich eines Abends hingesetzt und eine Reihe von Gesprächen aufgeschrieben, die so oder so ähnlich stattfinden könnten. Damit war der Auflage Genüge geleistet. Bei den Dreharbeiten spielte dieses Drehbuch jedoch keine Rolle.

vi Diese Gespräche wurden nie veröffentlicht. Eine Kopie der Abschrift des Gesprächs mit Christiane Mückenberger gab mir Lars Barthel zu Beginn meiner Recherchen zu Frauen in Berlin. In dem einzigen kurzen Gespräch, das ich mit Tamara Trampe nach einer Vorführung des Films im Zeughauskino in Berlin im September 2018 führte, stimmte sie zu, dass ich daraus zitieren könne, sollte dies jemals von Nutzen sein. Tamara Trampe ist im November 2021 verstorben.

vii Hans Wintgen war ein Kommilitone von Chetna Vora, sie waren in der gleichen Klasse. Lars Barthel erinnert sich, dass Chetna Wintgen sehr schätzte, aber nie mit ihm gearbeitet habe. Wintgen war ein Renegat, in der Schule ebenso wie später bei der DEFA, ein kompromissloser Beobachter des Alltags, dessen Filme zensiert wurden und kaum ein öffentliches Leben hatten. Seinen womöglich wichtigsten Film, Gespräche in einer strahlentherapeutischen Klinik, drehte er 1985 für die »Staatliche Filmdokumentation« (SFD) am Staatlichen Filmarchiv der DDR unter dem Schutz der Ausnahmeregelungen, die bei der SFD ein weniger zensiertes Arbeiten ermöglichten. Wintgen wurde erst vor einigen Jahren durch Anne Barnerts verdienstvolle Monografie »Mit Behutsamkeit – Hans Wintgens Filmbeobachtungen der DDR« (Berlin: Verbrecher Verlag 2018) rehabilitiert. 1981 hatte die HFF Wintgens AbschlussfilmJohanna Just abgelehnt, einen einstündigen Dokumentarfilm, in dem eine 69-jährige Arbeiterin und Mutter von sieben Kindern nüchtern, aber nicht unglücklich über ihr hartes Leben berichtet. Erst nachdem Johanna Just 1982 bei einer Präsentation von Studentenfilmen an der Akademie der Künste viel Aufmerksamkeit und auch positive Resonanz erhalten hatte, erklärte sich die Schule zähneknirschend bereit, Wintgen sein Diplom zu überreichen – »an einer Bushaltestelle«, wie Wintgen Anne Barnert erzählte, denn sein Passierschein für das Schulgelände war bereits abgelaufen. Wie Chetna Vora scheint auch Hans Wintgen in seinen Filmen auf lange, geduldige Gespräche und auf die Kraft und Poetik des gesprochenen Wortes gesetzt zu haben. WennJohanna Justletztlich als »Dokument einer verweigerten Selbstzensur« (Barnert, »Mit Behutsamkeit – Hans Wintgens Filmbeobachtungen der DDR«, S. 73) alle Änderungs- und Kürzungswünsche überlebt hat, erinnert dies wiederum an Frauen in Berlin, auch wenn hier das überlieferte Dokument nur eine dürftige Kopie ist. Ich bin Thomas Heise dankbar für ein Gespräch über Hans Wintgen und den Hinweis auf das Buch von Anne Barnert.

viii Christiane Mückenberger im Gespräch mit Tamara Trampe. Zitiert aus dem unveröffentlichten Transkript einer Tonaufnahme in Privatbesitz. Handschriftliche Korrekturen am Transkript wurden ggf. übernommen. Sprachliche Fehler der Transkription wurden stillschweigend korrigiert, wo sie das Verständnis des Gesagten erschwert hätten. Für Hilfe bei der Bearbeitung der Transkription danke ich Cornelia Klauß.

ix Christiane Mückenberger im Gespräch mit Tamara Trampe, ebd.

x Diese Person war wahrscheinlich Klaus Freymuth, der von 1976 bis 1979 an der Volksbühne in Berlin gearbeitet hatte und dann ein eigenes Videostudio gründete, das Werbe- und Imagefilme produzierte, aber auch die wachsende Oppositionsbewegung in der DDR dokumentierte. 1984 wurde Freymuth wegen »unerlaubten Besitzes von Filmgeräten« verhaftet und sein Studio wurde aufgelöst. Er unterstützte weiterhin die Opposition und wurde durch die Verbreitung von Videos zu einer wichtigen Figur bei der Popularisierung der Protestbewegung. (Die Sammlung Klaus Freymuth befindet sich in der Obhut der Havemann-Gesellschaft, https://www.havemann-gesellschaft.de/archiv-der-ddr-opposition/buergerbewegung-ab-1989/neues-forum/sammlung-klaus-freymuth/). Beim Zusammenstellen dieser Fußnote bin ich auch auf die Information gestoßen, dass Klaus Freymuth der Produzent und Kameramann von Hans Wintgens letztem Film Roter Milan (1991) war, einem halbstündigen Interview für den Deutschen Fernsehfunk mit dem ehemaligen Stasi-Offizier Heinz Kilz. Es wurde am 12. Juni 1991 ausgestrahlt, ein halbes Jahr vor der Auflösung des Senders und zwei Monate bevor Klaus Freymuth bei einem Autounfall ums Leben kam.

xi Barnert, »Mit Behutsamkeit – Hans Wintgens Filmbeobachtungen der DDR«, S. 12-13.

xii Formulierung von Ulrich Weiß in seinem Gutachten über Frauen in Berlin (»Regiediplom«, zweiseitiges Typoskript, datiert »Ferch, d. 26.3.1982«, in Privatbesitz).

xiii Ulrich Weiß genoss unter Filmemacherinnen und Filmemachern der Generation von Chetna und Lars großen Respekt für seine mutigen Versuche, sich als Drehbuchautor, Regisseur und Lehrer ideologischer Einengung und Bevormundung zu widersetzen. Weiß starb 2022. Es gehört zu den größten Versäumnissen meiner Recherchen, nie mit ihm gesprochen zu haben.

xiv Ich habe Ansichten, Ansprüche … im Frühjahr 2023 einmal im Archiv der Filmuniversität Babelsberg sichten können. Aufgrund eines laufenden Digitalisierungsprojekts an der Filmuniversität Babelsberg wurde die Kopie kurz darauf als vorübergehend nicht verfügbar eingestuft und ist es immer noch (Stand August 2024). Meine Beschreibung des Films basiert auf Notizen und Erinnerungen aus dieser einmaligen Sichtung.

xv Rushes: Rohmaterial, unbearbeitetes Filmmaterial, das während der Dreharbeiten zu einem Film aufgenommen wird.