There is no wind on the moon

There is no wind on the moon
02.09. bis 28.09.2012
Savvy Contemporary, Berlin (damals Richardstr. 43/44)

I imagined that each of the three works had a beginning and I assumed that the beginning was connected to an event as much as to an image, or an object, or an image of an object. First something had happened and then someone came and produced images. Visibility was created of something that had already been visible before for those who, accidentally or willingly, had been there. While images were being produced of some things other things became invisible, or, in some cases, even disappeared. When the media had left, it almost felt like a new beginning. This second beginning however was a beginning with a past. It was the beginning of monuments and icons, the moment in which memory and oblivion began and to which remembrance will have to return to. Some memories are now in the form of images, for other memories there is nothing for the eyes to see anymore, and some images show things that nobody remembers.

„The beginning“, of course, does not necessarily refer to a fixed linear chronology. The beginning can also be something that occurred later and then placed itself as the beginning. I once noted down these three objects as possible beginnings:
the Black Box of El Al flight 1862,
the images of the eviction of the „Jungle“ in Calais,
the film Mamma Roma by Pier Paolo Pasolini.
I might be wrong.

Die Ausstellung There is no wind on the moon brachte drei künstlerische Arbeiten zusammen, die anhand ortsspezifischer Recherchen die Dunkelfelder zwischen persönlicher Erinnerung und kollektivem Gedächtnis untersuchen. In Maria Iorio und Raphaël Cuomos Twisted Realism, Dani Gals Chanting down Babylon und Jan Lemitz’ The Registration Machine wird die künstlerische Praxis zu einer Recherche mit offenem Ausgang. Vorgefundene Narrationen werden aufgelöst, neu arrangiert oder weitererzählt. Es geht darum, in der „gemeinsamen Geschichte“ vor allem denjenigen Stimmen nachzuhorchen, die in den herrschenden Erzählungen nicht vorkommen.

Alle drei Arbeiten nehmen ihren Ausgangspunkt jeweils an einem konkreten Ort – Tuscolano (Rom), Bijlmermeer (Amsterdam), Calais (Frankreich) – und führen orale und visuelle Erinnerungspraktiken zu neuen Formaten zusammen. Vorhandene Bilder werden beweglich, aus festen, archivarischen Zusammenhängen herausgelöst, mit privaten Erzählungen konfrontiert und dadurch einer kollektiven Interpretation zurückgegeben. Erinnern, Archivieren, Bebildern und Vergessen werden als kulturelle und politische Praktiken begriffen und kritisch befragt.

Es heißt, es gebe keinen Wind auf dem Mond – aber wer weiß das, und was bedeutet ein solches Wissen? Der Titel der Ausstellung verweist auf die beiläufige Art, in der vermeintliches Allgemeinwissen daherkommt. „Man weiß…“ – aber diesem Wissen entspricht oft keine reale Erfahrung. Der Übergang von der Vermutung zur Gewissheit, vom Glauben zum Wissen ist an eine Praxis gebunden. Er vollzieht sich typischerweise dann, wenn man sich nicht auf die Autorität Dritter verlässt, sondern sich selbst ein Bild von der Sache macht.

There is no wind on the moon war das Ergebnis eines Dialogs zwischen den Künstler/innen und den Kuratoren Tobias Hering und Bonaventure Ndikung, in dem es um Nähen und Unterschiede zwischen den Arbeiten ging und dem die unmittelbaren Räumlichkeiten von SAVVY Contemporary als Bezug dienten. Das Zentrum bildete der gemeinsame Arbeitstisch, auf dem sich Materialien und Assoziationen sammeln konnten. Ein wichtiger Referenzpunkt dieses Prozesses war das Format „Buch“, das in allen drei Arbeiten von Bedeutung ist, und das in Form eines Hefts, das zur Ausstellung erschien, zu einem gemeinsam produzierten Objekt wurde. Ein Lesetisch erweiterte den kollaborativen Prozess in den Ausstellungsraum. Texte, Bilder und Materialien machten die offenen Enden der Diskussion sichtbar, an die sich anschließen lässt.

Download Broschüre There is no wind on the moon
Gestaltet von Giusy Sana.


Dank an Raphaël Cuomo, Dani Gal, Maria Iorio, Claudia Lamas Cornejo, Jan Lemitz, Bonaventure Ndikung und Giusy Sana.